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Per ergänzender Verordnung zum Gründungsgesetz wurde die neue Universität in Fachbereiche gegliedert: Osnabrück erhielt sieben, Vechta vier Fachbereiche plus einen gemeinsamen Fachbereich für Katholische Theologie und Religionspädagogik als "verbindende Klammer" zwischen den Standorten. Ein zentrales landesweites Hochschulgesetz als rechtliche Grundlage für die Hochschulorganisation gab es noch nicht, daher wurde provisorisch auf Basis eines sog. „Vorschaltgesetzes für ein Nds. Gesamthochschulgesetz“ von 1971 agiert. Starke politische Streitigkeiten gab es dabei insbesondere um die dort geregelten (paritätischen) Mitwirkungsrechte der einzelnen Hochschulgruppen in den Gründungsgremien der beiden Universitäten (vgl. auch entsprechende Diskussionen im zeitgleichen Gründungsprozess der Universität Bremen), was Teile der Professorenschaft vor das Bundesverfassungsgericht trieb. Dort wurde 1973 als bis heute bundesweit geltender eherner Grundsatz entschieden, dass Professor*innen in den meisten Hochschulgremien grundsätzlich die sog. „Professorenmehrheit“ zustehe, demnach andere Gruppen nachrangige (Stimm-)Rechte besitzen.  

Im Vorfeld der Gründungen in Oldenburg bzw. Osnabrück hatte seit Frühjahr 1971 jeweils ein zunächst drittelparitätisch (Hochschullehrende, wiss. "Mittelbau" (Asistenten u.a.) und Studierende 5:5:5 aus ganz Niedersachsen, der örtlichen Ingenieurakademie (später FH) und dem jeweiligen PHN-Standort) besetzter Gründungsausschuss (GA) mit Planungsstab den Prozess der inhaltlichen und strukturellen Ausgestaltung intensiv begleitet und auch die Integration der drei Standorte der Pädagogischen Hochschule Niedersachsen, Oldenburg, Osnabrück und Vechta, behandelt. Insbesondere die Zuordnung Vechtas geriet aufgrund der konkordatären Absicherung der Hochschule zur Herausforderung, direkte Gespräche mit Vertretern aus Vechta gab es aber zunächst nicht, man war in keinem der beiden GA vertreten. Landeshistorisch hätte eine Anbindung an Oldenburg (Vechta mitsamt dem katholisch geprägten Oldenburger Münsterland war 1803 im sog. Reichsdeputationshauptschluss dem Herzogtum Oldenburg zugeordnet worden, 1830 dann die katholische Lehrerausbildung in Vechta begründet worden) durchaus nahe gelegen und wurde von Vechta zunächst auch präferiert, wenn gleich man auch in Richtung Osnabrück offen war, wie ein internes Zukunftskonzept es darstellt. Weitsichtig hat man darin schon den Bereich Sozialpädagogik mit adressiert, der integriert werden könnte. 1971 entstand dann aber zunächst unabhängig in Vechta eine Katholische Fachhochschule für Sozialwesen (der PH direkt gegenüber gelegen, heute R-Gebäude). Diese wurde, man kann es eine verspätete Vollendung des 1973 verfolgten Gesamthochschulgedankens nennen, 2005 in die Universität Vechta integriert.

Letztlich sprach sich ein im Juni 1971 erstelltes Gutachten der Arbeitsgruppe Standortforschung (Hannover) über regionale Einzugsbereiche der beiden neuen Universitäten für eine Anbindung an Osnabrück aus. Dies aber nur aufgrund sich überschneidender Herkunftsgebiete potenzieller Studierender, wohingegen Oldenburg aufgrund seiner Lage und Einzugsgebietes vbis an die Küste als autark genug eingeschätzt wurde. Eine sukzessive Auflösung der Lehrerbildung am vergleichsweise kleinen Standort Vechta und räumliche Verlagerung erschien vor dem Hintergrund des Konkordats von 1965 politisch eigentlich kaum möglich, war aber durchaus Bestandteil einiger gutachterlicher Überlegungen und Empfehlungen: "Im Falle der Eingliederung der Abteilung Vechta der PHN in die Gesamthochschule Osnabrück wäre demnach eine reibungslosere, den Studienbetrieb weniger behindernde, allmähliche Überführung des gesamten Vechtaer Ausbildungspotenzials möglich, als es bei einer Zuordnung Vechtas zu Universität Oldenburg erreichbar erscheint." Somit war eine Verlagerung des gesamten Standorts Vechta über einen gestreckten Zeitraum durchaus angedacht und einberechnet, trotz der am Standort seit 1961 getätigten umfänglichen Investitionen in Bau und Aussattung.

Im selben Tenor hatte sich der Oldenburger Gründungssausschuss im Mai 1971 explizit gegen eine Integrierbarkeit Vechtas als Außenstandort in die Oldenburger Universität positioniert. Ebenfalls im Mai 1971 hatte sich die katholische Kirche Gedanken über die Anbindung Vechtas gemacht und klar für Osnabrück plädiert, wo letztlich mit Vechta ein gemeinsamer Fachbereich für Katholische Theologie und Religionspädagogik entstehen sollte, da auch die bisherige PHN-Abteilung Osnabrück über zahlreiche katholische Studierende verfügte. Allerdings dauerte dieser politisch-innerkirchliche Diskurs noch über 2 Jahre bis eine konkrete Konkordatsänderung in dieser Hinsicht vereinbart wurde (Mai 1973). Letztlich entschied Kultusminister von Oertzen im Vorgriff aber per Erlass bereits am 18.10.1971, dass Vechta zur Universität Osnabrück zugeordnet werden solle. "Die von der Arbeitsgruppe (Standortforschung) empfohlene spätere Verlagerung der Abteilung Vechta kann dagegen im Hinblick auf die geltenden bestimmungen des Konkordats nicht in Erwägung gezuogen werden."

Da die „Zuordnung“ Vechtas nach Osnabrück (anders als beim Osnabrücker Standort der PHN, der früheren Adolf-Reichwein-Hochschule) damit erst vergleichsweise spät feststand, war Vechta in den Diskursen innerhalb des dortigen Gründungsausschusses lange Zeit nicht vertreten gewesen und musste nachrücken, eine Vorbelastung, die sich im weiteren Binnenverhältnis der Akteure beider Standorte noch nachteilig auswirken sollte. Die Osnabrücker GA-Mitglieder waren von der finalen Ministerentscheidung der Zuordnung offenbar nicht begeistert, sahen (wie ihre Oldenburger "Pendants") explizit die Arbeitsfähigkeit einer "Integrierten" Gesamthochschule gefährdet, sollte ein Standort in 60 km Entfernung angebunden werden müssen. Dies tat man im Dezember 1971 medienwirksam auch in der regionalen Presse kund. Kultusminsiter von Oertzen sah sich im Februar 1972 daher gezwungen, den GA in Osnabrück zu erinnern, sich auch um die angemessene Vertretung Vechtas im Gremium zu bemühen, um die landespolitisch gewollten gemeinsamen Planungen endlich aufzunehmen. Er stellt als Bedingungen klar, "dass die Abteilung Vechta der PHN als wissenschaftlich voll integrierte, räumlich aber getrennte Abteilung der Universität Osnabrück zu planen ist. Mit dieser Trennung ist auf absehbare Zeit zu rechnen. Zur Vereinfachung der Verwaltung sollte für (...) Vechta eine Regelung vorgesehen werden, nach der die Abteilung ihre Verwaltungsangelegenheiten soweit wie möglich am Ort selber erledigt. Die in Vechta tätigen Hochschullehrer sollen Hochschullehrer der Universität Osnabrück mit Dienstsitz in Vechta sein."

Damit war ein dauerhafter "Sonderstatus" für Vechta manifest. Erst im April 1973 bekam Vechta aber entsprechende Sitze im Osnabrücker Gründungsausschuss und konnte im Planungsprozess mitwirken. Entscheidende inhaltliche Diskurse waren zu diesem Zeitpunkt aber großteils bereits geführt, wissenschaftliche "Terrains" abgesteckt und strukturelle Weichen gestellt. Vermutlich gab es gute Gründe Vechta möglichst lange aus dem GA fernzuhalten, denn mit den Vechtaer Stimmen hätte die traditionelle "Lehrerbildungs-Fraktion" der einstigen Pädagogichen Hochschulen (PHN-Standorte Osnabrück und Vechta), die explizit eine lehrerbildungsorientierte Ausrichtung der neuen Universität anstrebten, im GA doppelt soviel Gewicht bekommen. Eine als Zusatzgremium installierte gemeinsame "Kommission Vechta-Osnabrück" (KVO) sollte immerhin auf Arbeitsebene interne Abstimmungen zwischen beiden Standorten vornehmen. Die erste Sitzung der KVO fand dann im Mai 1973 auf "neutralem Boden" im Autobahnbrückenrestaurant Dammer Berge statt. Man "fremdelte" doch erkennbar miteinander.

Entsprechend der politischen Ziele war endlich auch das Niedersachsen-Konkordat am 21.05.1973 mit der Landesregierung einvernehmlich geändert worden, damit verlor der Standort Vechta zwar seinen explizit konfessionellen Status, hingegen wurden eine universitäre Teilautonomie und die Ausbildung katholischer Religionslehrer*innen, unterlegt mit entsprechenden Professuren und „Mittelbau“-Stellen, dauerhaft gesichert und festgeschrieben. Beide Standorte sollten demnach gleichermaßen vom Land auf- und ausgebaut werden.

Dass die neue Universität zunächst gar keine Fachbereiche bekommen sollte, sondern flexibel in Projektstudienzentren organisiert sein, zudem eigentlich eine Integrierte Gesamthochschule werden sollte, geriet im Gründungsdiskurs mit seinen zahlreichen Herausforderungen teilweise aus dem Fokus. So war daher parallel schon 1971 als Vorstufe einer Einbettung die eigenständige Fachhochschule Osnabrück entstanden. Für einige Jahre noch besaß die Universität Osnabrück mit dieser zusammen einen sog. "Integrationsausschuss", mit dem langfristigen Ziel einer Fusion, die aber letztlich nie mehr zustande kam, auch weil die Fachhochschulen mittlerweile an eigenständigem Profil gewonnen hatten und gewechselte politische Mehrheiten im Land das Modell "Gesamthochschule" nicht weiter verfolgten.