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Kirsten Rusert, Margit Stein, Luisa Josupeit:

Reflexion eines Service Learning-Projekts zur digitalen Berufsberatung und Implikationen für eine digital unterstützte Berufsberatung im multiprofessionellen Team

Abstract:
 

Die Nutzung digitaler Medien und Tools erfolgt gerade bei der Berufsorientierung wie selbstverständlich und nebenbei, wie z. B. bei der Suche nach Ausbildungsmöglichkeiten. In einer Studie der Autor*innen äußerten sich Lehr- und Fachkräfte gleichzeitig beim Einsatz interaktiver digitaler Tools bzw. der gemeinsamen Nutzung von digitalen Informationsmedien für Schüler*innen mit Migrationsgeschichte eher zurückhaltend. Gleichzeitig zeigt sich insbesondere für zugewanderte Schüler*innen eine digitale Kluft bei ihrer Berufswahl (Rusert/Stein 2023; Rusert 2024), sodass bestehende Chancen und Möglichkeiten oftmals nicht bekannt sind und daher nicht genutzt werden können (Rusert/Kart/Stein 2022).

Um diese Diskrepanz zu analysieren bietet die pandemiebedingte Ad-Hoc-Verlagerung von Unterricht und Beratungsprozessen in den digitalen Raum ein breites Feld an Lernanlässen und Reflexionsmöglichkeiten sowohl hinsichtlich einer Reproduktion von Benachteiligung oder neuen Exklusionen, wie auch den Chancen bei der Nutzung digitaler Medien.

Der Vortrag greift eine solche Situation für die Berufsberatung auf: Im Zuge des zweiten Lockdowns 2021 musste die berufsberatende Begleitung von Schüler*innen mit Migrationsgeschichte durch Studierende in einem Service Learning-Projekt ad hoc in den digitalen Raum verlegt werden. Die Schüler*innen besuchten zu dieser Zeit Klassen der Berufseinstiegschule an einer berufsbildenden Schule im Übergangssektor des Bildungssystems mit dem Ziel, den Hauptschulabschluss zu erreichen und strebten eine Ausbildung an (BES2 in Niedersachsen).

An dem digitalen Format beteiligten sie sich sehr unterschiedlich, sodass im folgenden Semester die Gründe für oder gegen eine Teilnahme sowie nach den individuellen Erfahrungen mit dem Format gefragt wurde. Forschungsleitend war die Frage, unter welchen Voraussetzungen und mit welchem Fokus digitale Beratung die Berufswahlprozesse der Jugendlichen unterstützen kann.

An der Studie nahmen 25 Schüler*innen mittels eines halbstandardisierten Fragebogens teil. Zwei Interviews mit am Projekt teilnehmenden Studierenden eröffnen zusätzliche Perspektiven.

Mit einer Einbettung in den Forschungsstand werden im Beitrag aus den Ergebnissen der Studie,die im Vortrag – unter Berücksichtigung der begrenzten Reichweite – vorgestellt werden, Perspektiven auf Voraussetzungen und Möglichkeiten digitaler Berufsberatung und Berufsorientierung durch multiprofessionelle Teams für junge Menschen mit Migrationsgeschichte entwickelt.

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