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Raphael Fehrmann: Mit dem Ozobot Kompetenzen des Computational Thinking in inklusiven Settings fördern

Abstract:
 

Um digitale Medien reflektiert zu nutzen, gilt es nicht nur zu wissen, wie man sie bedient und welche gesellschaftliche Wirkung sie haben. Es ist vielmehr erforderlich, die technische Funktionsweise aktiv wahrzunehmen und zu reflektieren. Im Workshop erleben Sie, wie Lernroboter für das Wirken von Algorithmen sensibilisieren und Problemlösekompetenz fördern können. Es sind KEINE Vorerfahrungen im Umgang mit dem Lernroboter Ozobot oder in der Programmierung notwendig. Der Workshop ist auf 24 Teilnehmer:innen begrenzt.

Artikel 28 der UN-KRK (UN, 1989) definiert das Recht von Kindern auf einen Zugang zu Bildung, der chancengleich gestaltet sein soll. Hierzu zählt insbesondere auch der Erwerb digitaler Kompetenz als Element von Bildung, denn das lebenslange Lernen ist zunehmend von der digitalen Transformation beeinflusst (Bertelsmann Stiftung, 2015a, b). Damit Kinder und Jugendliche zur Teilhabe an einer zunehmend digital geprägten Arbeits- und Lebenswelt befähigt werden (Bertelsmann Stiftung, 2015a), ist die Ausbildung vielfältiger, individueller Kompetenzen, wie sie u.a. in den 21st Century Skills (Fadel, Bialik & Trilling, 2015) modelliert werden, notwendig. Ein Erwerb digitaler Kompetenz, der vor allem auch ein Lernen mit, durch und über digitale Medien zugunsten digitaler Mündigkeit fokussiert, ist anzustreben (Hartmann, Näf & Reichert, 2006). Die Gestaltung potenzialorientierter und natürlich differenzierter Lehr-Lern-Settings wird dabei insbesondere durch den Einsatz digitaler Medien möglich (Heusigner, 2020).

Im Workshop werden die Teilnehmenden für die Notwendigkeit sensibilisiert, die technische Funktionsweise digitaler Medien bereits mit Grundschüler:innen aktiv zu hinterfragen. Denn erst durch ein Bewusstsein für das Wirken von Algorithmen können resultierende Auswirkungen beurteilt werden (Fehrmann, 2022, 2023; Fehrmann & Zeinz, 2021). Ausgehend vom Konzept des Computational Thinking, dem Entwickeln von Problemlösekompetenz durch algorithmisch-schematisches Handeln, werden im Rahmen des Workshops praktische, differenzierte Ansätze aktiv erprobt, mithilfe derer bei Schüler*innen (1.) der fächerübergreifende Aufbau von Problemlösekompetenz / Computational Thinking gefördert und gleichzeitig (2.) ein bewusstes Reflektieren der Funktions- und Wirkungsweise von Algorithmen angeregt wird.

Hierzu wird der Lernroboter Ozobot herangezogen, der sich „analog“ mit Stift und Papier, mithilfe von auf Klebeetiketten gedruckten Farbcodes oder auch digital mittels einer browserbasierten Oberfläche programmieren lässt (May, Grosser & Fehrmann, 2022). Der Roboter eignet sich aufgrund unterschiedlicher Zugänge für diverse fachspezifische Kontexte. Die Programmierung von Lernrobotern bietet zahlreiche Ansätze für individuelle Förderung sowie für die Ausbildung von Handlungs- und Sozialkompetenz. Es wird insbesondere das selbstständige, selbstbestimmte Arbeiten gefördert, wobei die Ozobots allein oder in kollaborativen Kleingruppen programmiert werden können. Zudem wird die Gestaltung von lerngruppenspezifischen Lehr- und Lernmaterialien mithilfe des Lernroboters der Auseinandersetzung mit Wissen (Bertelsmann, 2015b) über verschiedene Rezeptions- und Produktionswege gerecht. Feldstudien illustrieren, dass der Ozobot bei Schüler*innen mit unterschiedlichen Entwicklungsstörungen (Autismus-Spektrum-Störung, Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung, emotional und Verhaltensstörung) die Erweiterung der Problemlösekompetenz begünstigt und zudem das strukturierte Arbeiten sowie Transferaktivitäten anregt (Knight, Wright & DeFreese, 2019). Hohe Adaptivität zeigt die Arbeit mit dem Roboter dadurch, dass Tätigkeiten des Programmierens mit anderen Medienformaten kombiniert werden können, bspw. mit der Erstellung von Videos oder E-Books (Fehrmann, 2022), mithilfe derer der individuelle Kompetenzerwerb dokumentiert werden kann.

An konkreten Unterrichtsmodulen erfahren die Teilnehmenden die Einsatzmöglichkeiten des Ozobots aktiv und erhalten Anregungen für eine vielfältige, individuelle, potenzialorientierte Förderung von Problemlösekompetenz in der (Grund-)Schule.

Literatur:

Bertelsmann Stiftung (2015a). Individuell fördern mit digitalen Medien. Gütersloh: Bertelsmann Stiftung.
Bertelsmann Stiftung (2015b). Individuelle Förderung mit digitalen Medien. Gütersloh: Bertelsmann Stiftung. www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Publikationen/GrauePublikationen/Studie_IB_iFoerderung_digitale_Medien_2015.pdf
Fadel, C.; Bialik, M. & Trilling, B. (2015). Die vierte Dimension der Bildung. Hamburg: ZLL21.
Fehrmann, R. (2022). Digitale Kompetenz für das Leben in einer digitalisierten Welt – Eine begriffstheoretische Fundierung und multidimensionale Konzeptualisierung, konkretisiert an der unterrichtspraktischen Produktion von Erklärvideos. In J. Hugo, R. Fehrmann, S. Ud-Din & J. Scharfenberg (Hrsg.). Digitalisierungen in Schule und Bildung als gesamtgesellschaftliche Herausforderung – Perspektiven zwischen Wissenschaft, Praxis und Recht (S. 115–130). Münster: Waxmann.
Fehrmann, R. (2023). Wie schätzen Lehramtsstudierende ihre professionelle digitale Kompetenz ein? – Eine Interventionsstudie zur Förderung der professionellen digitalen Kompetenz mit Fokus auf das Computational Thinking im Themenfeld Bildungsrobotik. Münster: Universität Münster. doi: 10.17879/78978632588
Fehrmann, R. & Zeinz, H. (2021). Kreativitätsförderung durch Computational Thinking. Wie Lernroboter kreatives Denken und Problemlösen im Unterricht ermöglichen. Medien & Erziehung - merzWissenschaft, 65 (5), S. 24-35.
Hartmann, W.; Näf, M. & Reichert, R. (2006). Informatikunterricht planen und durchführen. Berlin, Heidelberg: Springer. link.springer.com/content/pdf/10.1007/978-3-540-34485-8.pdf
Heusinger, M. (2020). Lernprozesse digital unterstützen. Weinheim; Basel: Beltz.
Knight, V. F.; Wright, J. & DeFreese, A. (2019). Teaching Robotics Coding to a Student with ASD and Severe Problem Behavior. Journal of Autism and Developmental Disorders, 49(6), 2632–2636. doi.org/10.1007/s10803-019-03888-3
May, D.; Grosser, S.; Fehrmann, R. (2022): Coding und Robotik als Elemente einer zukunftsorientierten digitalen Bildung – Wie der Einsatz von Lernrobotern im Unterricht dazu beitragen kann, ein Verständnis für die Funktionsweise und ein Bewusstsein für die Wirkung von Algorithmen anzuregen. In: J. Hugo, R. Fehrmann, S. Ud-Din & J. Scharfenberg (Hrsg.), Digitalisierungen in Schule und Bildung als gesamtgesellschaftliche Herausforderung – Perspektiven zwischen Wissenschaft, Praxis und Recht. Gemeinsam Schule gestalten, Band 4. Münster, New York: Waxmann, S. 167¬–180.
UN / UN-KRK, UN-Kinderrechtskonvention (1989). Artikel 28 - Recht auf Bildung, Schule, Berufsausbildung. www.kinderrechtskonvention.info/recht-auf-bildung-recht-auf-schule-3620/