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Germanistische Sprachwissenschaft

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Rasterfahndung

  • 1980, Platz 1

Bei der bereits Mitte der 1960er Jahre entwickelten Rasterfahndung wurden unter anderem Daten von Einwohnermeldeämtern und Universitäten, polizeiliche Erkenntnisse, Karteien von Krankenkassen usw. maschinell überprüft und abgeglichen. Aus allen vorliegenden Informationen über das Verhalten von Terroristen und Sympathisanten wurden prototypische Merkmale und Verhaltensmuster herausgefiltert; es entstanden so genannte Raster, durch die nun, anders als bei herkömmlichen Fahndungsmethoden, nicht nur vorab verdächtige Individuen, sondern große Personengruppen kontrolliert und mit bestimmten Täterprofilen verglichen werden konnten. Wenn sich in diesem Datenabgleich bei einzelnen Personen auffällige Übereinstimmungen ergaben, konnte dann die Polizei gezielte Ermittlungen einleiten.

Eng mit der computergestützten Fahndungsmethode verbunden ist der Name des 1971 zum Präsidenten des Bundeskriminalamtes berufenen Horst Herold. 1972 konnte er erste Rasterfahndungserfolge melden, etwa die Festnahme von Mitgliedern der sogenannten Baader-Meinhof-Bande. Erfolglos blieb jedoch 1977 die Suche nach Hanns-Martin Schleyer und seinen Entführern, obwohl es sogar konkrete Hinweise aus der Bevölkerung gegeben hatte.

1980 geriet die Rasterfahndung in die Kritik. Es wurde bekannt, dass das BKA systematisch personenbezogene Daten von Post und Banken, Finanz- und Fernmeldeämtern, Strom-, Gas- und Wasserwerken, Maklern und Hotels, von den kommunalen Einwohnermeldeämtern sowie vom Kraftfahrtbundesamt ausgewertet hatte. Diese Tatsache wurde vielfach als Bedrohung für die bürgerlichen Freiheiten gewertet. In der Bundesrepublik gedieh „erstmals [...], was besorgte EDV-Kenner jahrelang vermißt hatten: Datenschutz-Bewußtsein“ (Spiegel, 11. 2. 1980). Daneben sahen Kritiker der Rasterfahndung auch noch das ethische Problem, dass an die Stelle der rechtsstaatlichen Unschuldsvermutung die elektronisch produzierte Schuldvermutung trete.

Zwischen BKA-Präsident Herold und dem Bundesdatenschutzbeauftragten Hans Peter Bull entstand eine heftige Kontroverse. Ergebnis: Es fehlte schlichtweg die Rechtsgrundlage für die BKA-Dateien. Infolge dessen musste der Datenbestand erheblich reduziert werden. Herold, dessen Prestigeprojekt gescheitert war, trat 1981 in den vorzeitigen Ruhestand.    ⋄    Johanna Best · Christine Schwanecke