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Schwarzgeldaffäre

  • 2000, Platz 1

Selbst Zeitgenossen, die nicht zu den notorischen Schwarzsehern gehören, wurde es Ende 1999 angesichts der Schwarze-Kassen-Affäre, der Parteispendenaffäre der CDU, schwarz vor Augen. Der CDU-Finanzskandal, der als Kiep-Affäre um den ehemaligen CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep begonnen hatte, wurde, nachdem die Verstrickung des Altbundeskanzlers ans Licht gekommen war, bald zur Kohl-Affäre und nahm darüber hinaus Dimensionen an, die von Staatskrise sprechen ließen. Helmut Kohl verlor bei dieser Schwarzgeldaffäre den größten Teil seines Ansehens und zudem den Ehrenvorsitz seiner Partei: Er weigerte sich, die Namen der Spender zu nennen, die ihn mit großen Summen illegal unterstützt hatten, und berief sich auf sein Ehrenwort. Abgesehen von den eingefleischten Kohlianern in der CDU mochte ihm das jedoch niemand zugute halten. Das Denkmal Kohl bröckelte. Immer mehr Parteigenossen hielten eine Abnabelung für erforderlich, und vor allem die CDU-Generalsekretärin und spätere Parteivorsitzende Angela Merkel hatte im „Kampf gegen Kohliath“ (Woche, 17. 12. 1999) alle Hände voll zu tun. Der „politische Flurschaden“ (Welt, 5. 1. 2000) war erheblich. Zudem verhängte der Bundestagspräsident wegen Verstoßes gegen das Parteispendengesetz Buß-gelder in Millionenhöhe. Der Börsengang der Partei (Stichwort: C-Aktie) konnte da nichts helfen – bei der Meldung handelte es sich um den Aprilscherz eines Frankfurter Radiosenders. Kein Aprilscherz war allerdings, dass Kohl versuchte, den angerichteten Schaden auf seine Weise wieder gutzumachen: Er sammelte erneut Spenden ...

Die vom damaligen CDU-Vorsitzenden Wolfgang Schäuble angestrebte rückhaltlose Aufklärung brachte auch andere CDU-Politiker bald in Schwierigkeiten – vor allem ihn selbst. Die Erdbebenmetapher, die 1999 schon im Zusammenhang mit Oskar Lafontaines Rücktritt als Superminister für Wirtschaft und Finanzen gern gebraucht worden war, lag wiederum nahe: „Mitten im Beben“ titelte die Zeit (16. 12. 1999) in Abwandlung des CDU-Slogans „Mitten im Leben“. Der Spiegel (6. 12. 1999) sah die CDU im Spendensumpf, die SPD im Zwischenhoch. Die Frankfurter Rundschau (1. 12. 1999) betrachtete die Dinge hingegen allgemeiner: „Es hat sich im Politikbetrieb über Parteigrenzen hinweg offensichtlich eine Haltung verbreitet, die Fingereien hinter den Kulissen der Institutionen für ein legitimes, weil notwendiges Schmiermittel hält.“ Denn wie spätestens der Müllskandal der nordrhein-westfälischen SPD und Jürgen Möllemanns Flugblattaffäre 2002 zeigten, waren auch rote und gelbe Kassen für Schwarzgeld durchaus offen.    ⋄    Jochen A. Bär