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Germanistische Sprachwissenschaft

Beispiel eines Plagiats (zur Vermeidung!)

Dass man Gedanken und Formulierungen Anderer nicht für eigene ausgeben darf, ist spätestens seit den Fällen Guttenberg und Schavan allgemein bekannt, in denen ein Bundesminister bzw. eine Bundesministerin wegen Plagiaten in ihren Doktorarbeiten zurücktreten mussten. Gleichwohl werden in studentischen Arbeiten manche Fehler, sei es aus Vorsatz, Schlampigkeit oder Unkenntnis der allgemeinen Zitierregeln, immer wieder begangen. Insbesondere scheint es das Missverständnis zu geben, man müsse nicht wörtlich zitieren, sondern es reiche die Angabe einer Fundstelle, wenn man den übernommenen Wortlaut geringfügig verändert.

Ein Beispiel:

Studentische Arbeit

Aus der antiken Rhetorik stammt die hermeneutische Regel, dass man das Ganze aus dem Einzelnen und das Einzelne aus dem Ganzen verstehen sollte. Diese Regel ist durch die neuzeitliche Hermeneutik von der Redekunst aus in die Kunst des Verstehens übertragen worden. Ein zirkelhaftes Verhältnis, das hier wie dort vorliegt, meint die Antizipation von Sinn, in der das Ganze gemeint ist und es dadurch zu einem expliziten Verständnis kommt, dass die Teile, die sich vom Ganzen her bestimmen, ihrerseits auch dieses Ganze bestimmen (vgl. Gadamer 1977, 54).

 

Originalstelle (Gadamer 1977, 54)

Die hermeneutische Regel, daß man das Ganze aus dem Einzelnen und das Einzelne aus dem Ganzen verstehen müsse, stammt aus der antiken Rhetorik und ist durch die neuzeitliche Hermeneutik von der Redekunst auf die Kunst des Verstehens übertragen worden. Die Antizipation von Sinn, in der das Ganze gemeint ist, kommt dadurch zu explizitem Verständnis, daß die Teile, die sich vom Ganzen her bestimmen, ihrerseits auch dieses Ganze bestimmen.

Wie sich zeigt, ist diese Passage der studentischen Hausarbeit nichts anderes als eine weitestgehende Übernahme von Formulierungen bei einzelner Umstellung von Satzgliedern und Überführung eines längeren Satzes in zwei kürzere. Das Einzige, was an Eigenleistung hier vorliegt, ist eine Verunklärung und Verfälschung des originalen Gedankens („Ein zirkelhaftes Verhältnis [...] meint die Antizipation von Sinn“ usw.). Es sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es in Fällen wie diesem nicht ausreicht, ans Ende der Passage einen pauschalen Literaturverweis zu setzen, wie dies in der studentischen Arbeit der Fall ist („vgl. Gadamer 1977, 54“). Ein solches Verfahren erfüllt bereits den Tatbestand des Plagiats! Sie müssen entweder die Stellen (Wörter, Satzteile, Sätze usw.), die Sie übernehmen, als wörtliche Zitate kennzeichnen oder so umformulieren, dass eine eigene sprachliche und gedankliche Leistung erkennbar wird.