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Germanistische Sprachwissenschaft

Wissenschaftstransfer – Öffentlichkeitsaktivitäten

Sprachauskunft und Sprachberatung: Redewendungen, Sprichwörter

Frage: Warum sagt man acht Tage, wenn man ›eine Woche‹ meint? Eine Woche hat doch nur sieben Tage?
Antwort: Die Formulierung acht Tage für ›eine Woche‹ lässt sich so erklären, dass der gleiche Wochentag als Anfangs- und Endtag einer Woche gezählt wurde (man zählt also beispielsweise von Montag zu Montag, von Dienstag zu Dienstag usw.). Dieses Verfahren ist schon in der frühen Neuzeit (16. Jahrhundert) belegt. Davon – unlogischerweise – abweichend werden zwei Wochen als vierzehn Tage (= 2 x 7) bezeichnet, was sich allenfalls durch verschiedene Traditionen (möglicherweise landschaftliche) erklären lässt, die hier wirksam sind. – Die Angewohnheit, das Äquivalent des ersten Tages am Ende eines als zyklisch empfundenen Zeitabschnitts wieder mitzuzählen, ist übrigens auch in anderen Sprachen zu finden, z. B. im Französischen: quinze jours (= 15 Tage) ›zwei Wochen‹.

 

Frage: Woher kommt der Ausdruck an Bord?
Antwort: Nach dem Etymologischen Wörterbuch des Deutschen von Wolfgang Pfeifer bedeutet das Wort Bord ursprünglich ein bestimmten Zwecken dienendes ›Brett‹ bzw. das aus Brettern Gefertigte. Im Deutschen gibt es 1. das Bord (›Wand-, Bücherbrett‹) und 2. der Bord (›Schiffsrand‹, offenbar von den oberen Seitenwänden des Schiffes; vgl. über Bord gehen). In einigen präpositionalen Fügungen (an Bord, von Bord) wird Bord 2 als Pars pro toto verwendet und bedeutet ›Schiff‹. Die Fügung an Bord ist seit dem 15. Jahrhundert bekannt; sie wird im 20. Jahrhundert von der Luftfahrt übernommen. Mittlerweile kann man sie sogar schon im Bahnwesen hören: „Wir heißen die zugestiegenen Fahrgäste an Bord des ICE herzlich willkommen.“ In Frankfurt a. M. gibt es einen S-Bahn-Fahrer, der seine Passagiere folgendermaßen begrüßt: „Guten Morgen, verehrte Fahrgäste, an Bord der Linie S 1 nach Wiesbaden Hauptbahnhof.“

 

Frage: Wieso sagt man in Bremen „auf die Siebzehn gehen“, wenn man aufs Klo geht?

Antwort: Man sagt das nicht nur in Bremen, sondern vielerorts, auch in Süddeutschland. Es scheint zurückzugehen auf eine Sprachregelung im Einzelhandel. Die frühesten uns verfügbaren (Hör-)Belege stammen schon aus den 1950er Jahren. Mitarbeiter in großen Kaufhäusern wollten/sollten, wenn sie die Toilette aufsuchen mussten, dies vor den Kunden nicht mitteilen. Um den Kollegenkreis zu informieren, hat sich eine Art „Geheimcode“ etabliert. Eine Durchsage wie „Frau Müller auf 17“ klingt für Uneingeweihte, als ob Frau Müller die Nummer 17 anrufen soll; in Wahrheit bedeutet es, eine Kollegin aus der Nachbarabteilung möge sich für einen Augenblick um Frau Müllers Abteilung kümmern, weil Frau Müller zur Toilette muss.

Sprachregelungen dieser Art kennt man auch in Arztpraxen und anderen Betrieben mit Publikumsverkehr; dort benutzt man teils andere Zahlen oder Codewörter. Dass es die 17 in diesem Zusammenhang in den Sprachgebrauch einer weiteren Öffentlichkeit geschafft hat – auch in der Gastronomie kann man erleben, dass ein Kellner zum anderen sagt: „Bin mal an Tisch 17“ –, liegt möglicherweise daran, dass sie in den Filialen großer, überregionaler Kaufhäuser (mehrfach wird die Kaufhauskette Horten genannt) Verwendung fand. Warum es genau die Zahl 17 war, ist allerdings nicht herauszufinden. Dafür könnte es mehrere Erklärungen geben. Entweder hatte die Toilette die Raumnummer 17 (so erklärt sich auch die Bezeichnung 00 für die Toilette) oder es handelte sich einfach um eine Zahl, die im Betrieb keine gültige Telefonnummer war und daher für diese Sprachregelung zur Verfügung stand. Ob die Vermutung ernst zu nehmen ist, dass siebzehn ähnlich klingt wie das Verb sitzen, so dass die Verwendung eine Art sachlicher Motivation hätte, müssen wir offen lassen.

 

Frage: Warum sagt man, wenn man jemandem einen kräftigen Schlag versetzt, dass man ihm „einen auf die Zwölf“ gibt?

Antwort: In den gängigen Nachschlagewerken findet sich der Ausdruck nicht. Einen Hinweis gibt das Wörterbuch der deutschen Umgangssprache von Heinz Küpper, in dem das Substantiv Zwölfer so erklärt wird: „Volltreffer. Eigentlich der beste Treffer auf der Schießscheibe (12 Ringe)“ Küpper zufolge handelt es sich um Bundeswehrjargon; der Ausdruck soll seit Mitte der 1960er Jahre verbreitet sein.

Die Wendung (voll) auf die Zwölf dürfte in diesem Sinne und daher dann analog zu (voll) ins Schwarze zu interpretieren sein, allerdings mit dem Unterschied, dass bei voll ins Schwarze treffen die Zielgenauigkeit im Vordergrund steht, bei voll auf die Zwölf geben/hauen/bekommen hingegen die nachdrückliche Wirkung.

 

 

Frage: Bitte erklären Sie mir die Herkunft des Ausdrucks dumme Nuss.
Antwort: Der Ausdruck lässt sich prinzipiell auf zweierlei Weise erklären. Zum einen ist Nuss ein Ausdruck für die Vulva. Insbesondere die Jägersprache kennt Nuss als Bezeichnung für das weibliche Geschlechtsteil bei Tieren vor allem der niederen Jagd. Nimmt man die Bezeichnung für das weibliche Geschlechtsteil als Pars pro toto für die Frau (wie vor allem in der Vulgärsprache üblich), so lässt sich die dumme Nuss als ›dumme weibliche Person‹ erklären. (Ähnlich auch bei der tauben Nuss, einer abwertenden Bezeichnung für eine unfruchtbare Frau.) – Weniger sexistisch ist der zweite Erklärungsversuch, der dann plausibler erscheint, wenn man die Formulierung dumme Nuss als Bezeichnung überhaupt für einen dummen Menschen (gleich welchen Geschlechts) versteht. Nuss ist unter anderem auch ein despektierlicher Ausdruck für ›Kopf‹ (wegen der Formähnlichkeit und der Analogie von Nussschale und Hirnschale). Nimmt man die Vokabel für den Kopf als Pars pro toto für die Person, wie in der Alltagssprache vielfach üblich (z. B. jemand ist ein kluger Kopf, Dummkopf usw.), so wird die Wendung dumme Nuss ›Dummkopf‹ ohne weiteres nachvollziehbar. – Übrigens gibt es auch hier die Wendung taube Nuss, und zwar in der Bedeutung ›Kopf mit wenig oder keinem Inhalt‹.

 

Frage: Warum sagt man, jemand habe es faustdick hinter den Ohren, und warum kommen die Ohren überhaupt so oft in Redewendungen vor?
Antwort: Die Formulierung es faustdick hinter den Ohren haben geht auf eine Art volkstümliche „Schädellehre“ zurück, wonach die Charaktereigenschaft der Verschlagenheit ihren Ort hinter den Ohren hat und dort desto größere Wülste hervorbringt, je stärker sie entwickelt ist. – Eine einfache Erklärung für das häufige Vorkommen der Ohren in Redewendungen gibt es wohl nicht; zumindest sind die verschiedenen Wendungen zum Teil ganz unterschiedlich motiviert. Jemanden übers Ohr hauen kommt aus der Fechtersprache, wo der Schlag gegen das Ohr das Ziel einer bestimmten Finte war. Sich etwas hinter die Ohren schreiben erklärt sich durch einen alten Rechtsbrauch (im Südosten Deutschlands noch bis ins 18. Jahrhundert hinein üblich), wonach man bei Grenzbegehungen kleine Jungen „hinzuzog“ (im wörtlichen Sinne: an den Ohren – daher die Formulierung als Zeugen hinzuziehen!) und ihnen an entscheidenden Grenzpunkten eins „hinter die Ohren“ gab, damit sie sich die Stelle ein Leben lang merkten. – Vielleicht werden die Ohren deshalb so oft thematisiert, weil sie dasjenige Organ sind, mit dem wir Sprache aufnehmen, und deshalb für die Kommunikation besonders wichtig sind.

 

Frage: Warum nennt man einen Wagen, der zum Gefangenentransport dient, grüne Minna?

Antwort: Dem zehnbändigen Dudenwörterbuch zufolge ist die Herkunft der Bezeichnung Minna bzw. grüne Minna für einen Polizeiwagen zum Gefangenentransport ungeklärt. In Preußen wurden seit 1866 für den Gefangenentransport spezielle Pferdekutschen verwendet, die grün angestrichen waren. Diese wurden später in der Umgangssprache als grüne Minna bezeichnet. Es ist allerdings nicht sicher, ob mit grün die Farbe der Gefangenentransporter gemeint war, oder ob es sich um das rotwelsche (‚gaunersprachliche‘) grün (›unangenehm, nicht geheuer‹) bzw. Greaner (›Gauner‹) handelt. Dass grün in diesem Sinne vorliegen könnte, wird aus der Bezeichnung grüner Anton für das Berliner Gefängnis in der Antonstraße deutlich, bei dem die Farbe grün keine Rolle gespielt haben wird, und auch daran, dass in Schwaben und in Österreich die (farblich anders gestalteten) Polizeiwagen ebenfalls als grün bezeichnet werden: grüner August bzw. grüner Heinrich.

Minna ist eine Koseform von Wilhelmine. Ob sich die Bezeichnung für den Gefangenentransport so erklärt, dass es sich um den prototypischen Namen eines Dienstmädchens handelte (das Benennungsmotiv könnte dann die dienstliche Funktion des Wagens sein), oder ob es sich aus der Redewendung jemanden zum Minna machen (›jemanden fertigmachen‹) herleitet, ist nicht klar. Denkbar wäre auch, dass sich Minna von Wilhelm ableitet, dem Namen des preußischen Königs (die Wagen wären also nach ihrer obrigkeitlichen Funktion benannt, die weibliche Form ließe sich in Analogie zu Kutsche erklären).

 

Frage: Wieso sagt man, dass man jemanden im Stich lässt, wenn man ihm, obgleich er sie erwartet, keine weitere Unterstützung zuteil werden lässt?
Antwort: Diese seit dem Ende des 15. Jahrhunderts belegte Redensart ist, wie bei Lutz Röhrich im Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten nachzulesen, auf die verschiedenste Weise erklärt worden. Am ehesten kommt wohl eine Herleitung aus dem Turnierwesen im Frage, wobei, etwa im Massenturnier, ein Kämpfer die Gefährten verlässt, die nun „im Stich“ des Gegners bleiben. Die Redensart ist allerdings wohl nicht unmittelbar aus dem ritterlichen Turnierwesen des Mittelalters in die Umgangssprache übergegangen, sondern wahrscheinlich aus den bürgerlichen Stechen, Kampfspielen, die in Nachahmung der ritterlichen Turniere im ausgehenden Mittelalter in den Städten abgehalten wurden. Es gab Gesellenstechen, Fischerstechen usw., bei denen es um einen Preis ging, so dass stechen die Bedeutung ›um einen Preis kämpfen, ringen‹ bekam. Noch heute nennt man einen Entscheidungskampf, etwa beim Springreiten, ein Stechen und einen Punktgewinn beim Kartenspiel einen Stich. Denkbar wäre daher auch, dass sich im Stich lassen ursprünglich auf die dem Gegner überlassene, von ihm übertrumpfte Spielkarte bezog. – Recht unwahrscheinlich ist die Herleitung der Redensart von der Biene, die ihren Stachel beim Stich in der Wunde zurücklässt, obgleich Luther sie in seiner Schrift Auf des Bocks zu Leipzig Antwort (1521) einmal in dieser Weise deutet: „wie eine tzornige bien das leben ym stich lassen“.

 

Frage: Wieso sagt man eigentlich redensartlich „Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts?“ Galten Hasen früher als dumme Tiere (so wie beispielsweise in dem Märchen vom Hasen und dem Igel)?
Antwort: Nein, mit Hasen hat die Redensart nichts zu tun. Vielmehr ging es ursprünglich, wie der Wortlaut auch noch erkennen lässt, um eine Person mit Namen Hase, genauer gesagt um einen Heidelberger Studenten namens Victor Hase. Das war zu einer Zeit, in der die schlagenden Studentenverbindungen noch einflussreich und studentische Duelle (obgleich verboten) an der Tagesordnung waren. Eigentlich sollten zwar die Kontrahenten dabei allenfalls ein wenig schmuck verstümmelt werden, aber ein Freund von Victor Hase hatte das Pech, im Zweikampf versehentlich einen Kommilitonen zu töten. Victor verhalf ihm zur Flucht, wurde aber der Beihilfe verdächtigt und vor den Senat der Universität geladen. Er betrat den Sitzungssaal mit den Worten: „Hohe Versammlung, mein Name ist Hase, ich verneine die Kardinalfragen: Ich weiß von nichts.“

 

Frage: Woher kommt die Redewendung jemanden nach Strich und Faden verprügeln?
Antwort:Nach Strich und Faden verprügeln bedeutet ›tüchtig, gründlich verprügeln‹. In der Wendung nach Strich und Faden steckt das Wort Strich im Sinne von ›(natürliche oder aus Gründen des Geschmacks absichtlich herbeigeführte) gleichmäßige Richtung mehrerer bei- und nebeneinander liegender Fäden, Fasern oder Haare, ihr Verlauf, ihre Lage‹. Bei einem Gewebe gibt es zwei verschiedene, sich kreuzende Fadenrichtungen (Kette und Einschlag). Hierauf bezieht sich offenbar die Wendung nach Strich und Faden: Wenn man den Fadenlauf eines Gewebe in beide Richtungen verfolgt, hat man es vollständig, gründlich untersucht.

 

Frage: Woher kommt die Redewendung sich auf die Socken machen? Man macht sich doch nicht strümpfig auf den Weg?
Antwort: Das Wort Socke kommt vom lateinischen soccus, dieses wiederum vom griechischen sykchos. Der Sykchos war im Gegensatz zum Kothurn (einem Schuh mit hoher Sohle – heute würden wir sagen: einem Plateauschuh –, den die Schauspieler der altgriechischen Tragödie auf der Bühne trugen) ein flacher Schlupfschuh insbesondere für Komödienschauspieler. Daher kann Socke auch einen flachen, weichen Schuh, z. B einen Filzschuh, bezeichnen, so dass der Aufbruch nicht notwendigerweise in Strümpfen erfolgen muss. In der Jägersprache steht das Wort darüber hinaus für den unteren Teil der Hasenpfote. Die Wendung sich auf die Socken machen kann daher auch bedeuten: ›eilig weggehen, wie ein Hase flüchten‹.

 

Frage: Ich kenne für die Bezeichnung der Uhrzeit „fünfzehn Minuten nach der vollen Stunde“ die Wendung viertel nach x, wobei x für die zurückliegende Stunde steht: also beispielsweise viertel nach sechs für 6.15 Uhr. Freunde von mir sagen statt dessen im selben Fall viertel sieben, nennen also die nächstfolgende Stunde. Dadurch kommt es immer wieder zu Verwirrung. Können Sie mir sagen, welche Formulierung korrekt ist?

Antwort: Beide von Ihnen genannten Formulierungen kommen etwa gleich häufig im deutschen Sprachgebiet vor. Dabei ist festzustellen, dass man im westlichen Norden und im Westen Deutschlands sowie im Südosten Bayerns viertel nach sechs sagt (um beim Beispiel zu bleiben), während in Südwestdeutschland, Mitteldeutschland sowie fast im gesamten Nordosten die Formulierung viertel sieben üblich ist. Ähnlich ist es im Osten Österreichs; hier konkurriert viertel sieben teilweise mit einer dritten Variante, nämlich viertel über sechs. In der Schweiz hingegen gilt mehrheitlich eine vierte Variante: viertel ab sechs. Diese Informationen gehen hervor aus dem Wortatlas der deutschen Umgangssprachen von Jürgen Eichhoff, Bd. 1, Bern/München 1977, Karte 40.

Was die Frage nach der Korrektheit angeht, so kann man hier wohl keine eindeutige Aussage machen. Zieht man in Betracht, dass die Gegend, in der nach allgemeinem Urteil derzeit das „beste Hochdeutsch“ gesprochen wird – Teile Niedersachsens – die Formulierung viertel nach sechs bevorzugt, so wird man nicht fehlgehen, wenn man diese Variante als die am ehesten standardsprachliche ansieht.

Eine entsprechende Varianz findet sich übrigens auch bei der Uhrzeit „fünfzehn Minuten vor der vollen Stunde“: Hier konkurrieren hauptsächlich die Wendungen viertel vor x, für 6.45 Uhr also beispielsweise viertel vor sieben, und dreiviertel x, d. h. dreiviertel sieben für dieselbe Uhrzeit. Und dass damit das Maß an möglicher Verwirrung noch immer nicht voll ist, zeigt der Blick auf andere Sprachen. Während man im Deutschen die halbe Stunde zusammen mit der folgenden volle Stunde angibt (die Uhrzeit 7.30 Uhr beispielsweise heißt halb acht), nennt man im Englischen die vorangegangene volle Stunde und sagt für 7:30 Uhr half past seven bzw. umgangssprachlich vielerorts einfach half seven. Also Vorsicht bei Verabredungen in Großbritannien!

 

Frage: Ich bin Deutschlehrer und soll den Schiedsrichter bei einer Wette spielen: Ein ehemaliger Schüler von mir hat die Redensart wie die Faust aufs Auge passen beim Umzug gebraucht, als eine Kommode gut an ihren vorgesehenen Platz passte, weil sie seiner Ansicht nach in jedem Falle ironisch gemeint ist. Sein Vater aber fand, mit dieser Redensart werde gerade ausgedrückt, dass etwas überhaupt nicht passe. Schließlich gehöre eine Faust nicht aufs Auge. Wer hat nun Recht? Es geht um hundert Euro.
Antwort: Die hundert Euro können sich die Kombattanten teilen, da sie beide Recht haben. Die Redensart passen wie die Faust aufs Auge wird in beiden Bedeutungen verwendet, die Sie angeführt haben. Im Duden 11 (Redewendungen und sprichwörtliche Redensarten. Wörterbuch der deutschen Idiomatik, Mannheim u. a. 1992, S. 538) steht dazu Folgendes: „1. ›überhaupt nicht passen‹ [...]. 2. ›sehr gut, ganz genau passen‹ [...]. Mit dem Vergleich wurde zunächst ausgedrückt, daß etwas überhaupt nicht zu etwas paßt: Faust und Auge passen nicht zusammen, weil es höchst unangenehm ist, einen Faustschlag aufs Auge zu bekommen. Durch häufigen ironischen Gebrauch entwickelte sich die gegenteilige Bedeutung.“ – Die Ironie, von der hier die Rede ist, entsteht dadurch, dass die Redensart allzu wörtlich genommen wird. Man denkt dann daran, dass die Faust von der Form her sehr gut auf das Auge passt. Eine solche wörtlich-ironische Verwendung finden wir beispielsweise in dem Roman Der liebe Augustin. Die Geschichte eines leichten Lebens (1921) von Horst Wolfram Geißler (1893–1983): „daß der Name Augustin Sumser zu dem Buben paßte wie die Faust aufs Auge, nämlich sehr gut (wiewohl gedankenlose Menschen, die es noch nicht probiert haben, gewöhnlich der Meinung sind, die Faust passe keineswegs aufs Auge)“.