"Nun sag, wie hast Du’s mit der Religion?"
Zur Bedeutung der Religion für die Soziale Arbeit
Während Religion vor dem Hintergrund einer Vervielfältigung des Religiösen und dem steigenden Bedeutungsverlust der christlichen Kirchen in den Sozialwissenschaften gegenwärtig Konjunktur hat, ist die berühmte Gretchenfrage für die Sozialen Arbeit offensichtlich kaum von Belang. Dabei lässt sich eine grundlegende Distanzierung gegenüber der Religionstatsache bereits bis in die Anfänge der Verberuflichung Sozialer Arbeit zurückverfolgen. Galt es doch, sich als junge aufstrebende Profession mit der Berufung auf wissenschaftliche Grundlagen von der Religion zu emanzipieren. Die damit vollzogene Abstinenz gegenüber Religion und Religiosität spiegelt sich bis heute in der Sozialen Arbeit als Wissenschaft, selbst wenn in jüngster Zeit gegenläufige Entwicklungen wie beispielsweise die Debatte um eine religionssensible Soziale Arbeit zu beobachten sind.
Dass der Theoriediskurs in dieser Hinsicht eine bedeutende Leerstelle aufweist, ist nicht ohne Weiteres nachvollziehbar. Vielmehr erscheint eine Auseinandersetzung mit der Dimension der Religion und des Religiösen aus mehreren Hinsichten als naheliegend. Zum einen lässt sich die Entwicklung des deutschen Wohlfahrtsstaates nicht ohne seine religiös geprägten Tiefenstrukturen verstehen, die auch die Identitätsbildung Sozialer Arbeit wesentlich beeinflusst haben. Zum anderen befindet sich ein großer Teil sozialer Dienstleistungen in Trägerschaft der Kirchen und konfessionellen Wohlfahrtsverbände, wodurch religiöse Orientierungsmuster für die Organisation und Ausgestaltung Sozialer Arbeit relevant sind. Nicht zuletzt trägt die zunehmende Individualisierung und Pluralisierung des Religiösen – auch im Zusammenhang einer wachsenden Migrationsgesellschaft – dazu bei, dass die professionelle Handlungspraxis sowohl mit religiösen Fragestellungen als auch religiösen Dimensionen Sozialer Arbeit stärker in Berührung kommt.
Auf der Tagung wird die Bedeutung von Religion für die Soziale Arbeit in vier unterschiedlichen Aspekten thematisiert: Erstens wird beleuchtet, wie sich religiöse Orientierungsmuster im Kontext Sozialer Arbeit im Laufe der Moderne transformieren. Zweitens wird dem Potenzial theologischer Deutungsmuster als auch dem Stellenwert des religiösen Elements in institutionellen Kontexten Sozialer Arbeit nachgegangen. Drittens wird nachgefragt, inwiefern sich Religion als Ressource oder als Risiko für die Lebenspraxis erweist. Und viertens steht eine religionssensible Praxis in unterschiedlichen Handlungsfeldern zur Debatte.
Das Programm als PDF zum Download finden Sie hier.