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Portrait Irina Hense & Lennart Sens

 

„In der Ersti-Woche haben wir uns kennengelernt und im zweiten Semester sind wir ein Paar geworden. Nun arbeiten und wohnen wir gemeinsam im Bremer Weserstadion“

 

► Absolvent*innen des Bachelors Soziale Arbeit [2014-2018]

► „Internatseltern“ des Wilhelm-Scharnow-Internats beim SV Werder Bremen

 

Irina Hense & Lennart Sens stehen im Weserstadion des SV Werder Bremen


Irina Hense und Lennart Sens haben sich im Studium der Sozialen Arbeit kennengelernt. 2019 bezog das Paar seine erste gemeinsame Wohnung – im Weserstadion. Für den SV Werder Bremen arbeiten Hense und Sens als „Internatseltern“ des Wilhelm-Scharnow-Internats und betreuen die Nachwuchsspieler. Wir stellen beide vor:

So sind wir zum SV Werder Bremen gekommen:

Sens: Als Jugendlicher war es schon immer mein Traum, bei einem Fußballverein zu arbeiten und Nachwuchsspieler zu betreuen. Bestätigt wurde ich durch ein Semesterferien-Praktikum im Nachwuchsleistungszentrum von Bayer 04 Leverkusen. Nach dem Studium bewarb ich mich bei sämtlichen Fußballvereinen im In- und Ausland und startete als Pädagoge beim FC St. Pauli in Hamburg. Dort betreute ich die beiden Jugendtalenthäuser. Durch einen Kontakt bekam ich schließlich die Information, dass der SV Werder Bremen eine Internatsleitung sucht. Ich bewarb mich und bekam glücklicherweise den Zuschlag. Seit August 2019 arbeite ich als Internatsleiter beim SV Werder Bremen.

Hense: Nach dem Studium begann ich in Oldenburg mein Berufsanerkennungsjahr (BAJ) beim Allgemeinen Sozialdienst. Meine Wochenenden verbrachte ich meistens in Hamburg bei Lennart und den Jungs in den Talenthäusern. Ich erhielt so Einblicke in die Nachwuchsarbeit und konnte erste berufliche Erfahrungen sammeln. Ehrlicherweise hatte ich vorher wenig mit Fußball am Hut. Ich freute mich aber immer auf die Wochenenden. Nach meinem BAJ überlegten wir beide, wie wir unser Zusammenleben gestalten könnten. Lennart vertraute darauf, dass sich was Passendes ergibt, ich hatte schon ein paar schlaflose Nächte. Im Frühjahr 2019 war es dann soweit. Lennart hatte das Bewerbungsgespräch beim SV Werder Bremen und erfuhr, dass für das Internat ein Paar gesucht wird. Das Paar sollte vor Ort leben, das Internat leiten und die Spieler betreuen. Lennart war sich nicht ganz sicher, ob ich in einem Stadion wohnen möchte. Ich war aber von der ersten Sekunde an begeistert. Seit November 2019 arbeite ich als Sozialpädagogin im Internat.   

Unsere Aufgaben dort sind:

Hense: Die ganzheitliche Betreuung und Begleitung der Internatsspieler in allen Lebenslagen. Wir sind Tag und Nacht für die Jungs da und versuchen, ein zweites Zuhause für Sie zu schaffen. Die Arbeit ist relativ vergleichbar mit dem Leben in einer Familie. Wir verbringen viel Zeit mit den Jungs.

Sens: Wir haben die Verantwortung für die Jungs, geben Ihnen Struktur im Alltag und bereiten Sie auf ein selbstständiges Leben vor. Zudem sind wir immer in Kontakt mit den Eltern. Außerdem stehen regelmäßig Meetings mit Trainingsstab, sportlicher Leitung, Scouts, dem Psychologen oder dem Bildungskoordinator an. Wir verwalten das Budget des Internats, sind für die Mitarbeiter*innen zuständig und verantwortlich für das Bewertungsverfahren des Internats seitens der Deutschen Fußball Liga.
 

Derzeit wohnen im Internat 21 Jungen zwischen 14 und 18 Jahren. Wie bekommt man einen Platz dort?

Sens: Die Spieler werden gescoutet und nach positiver sportlicher Einschätzung zum SV Werder Bremen eingeladen. Bei bestehendem Interesse des Spielers und der Familie folgt anschließend ein Kennenlerngespräch mit der Internatsführung. Im Zuge dessen wird auch geklärt, ob ein Umzug des Jungen in ein Internat in Frage kommt und sinnvoll ist. Diese Entscheidung bedeutet schließlich einen großen Schritt in der Entwicklung eines Kindes oder Jugendlichen, fernab des Elternhauses. Dabei sind die Tage der Jungs in der Regel stark getaktet.

Hense: Darüber hinaus muss der Jugendliche auch ein Schulzeugnis vorlegen. Gemeinsam mit dem Bildungskoordinator des Vereins, dem Spieler und der Familie wird der schulische Ablauf und die Erwartungen besprochen.

 

Wie sieht der Internatsalltag für die Jungs aus?

Hense: Die Tage der Jungs sind in der Regel stark getaktet. Es beginnt mit dem Frühstück in der Internatsküche. Anschließend geht es zur Partnerschule, auf die viele Werder Spieler gehen. Dort können die Spieler auch ihr Abitur machen. Nach der Schule bekommen die Jungs hier im Stadion eine warme Mahlzeit vom Mannschaftskoch der Profis. Ab ca. 16:30 Uhr geht es zum Training, teilweise findet auch ein zweites, individuelles Training am Tag statt. Im Anschluss folgt dann das Abendessen ab 19:30 Uhr. Der Tag endet schließlich mit Freizeit oder ggf. mit dem gemeinsamen Lernen mit den Schulunterstützer*innen im Schulraum des Internats. Einmal die Woche haben die Jungs trainingsfrei.
 

Ihr Weg nach Vechta könnte unterschiedlicher nicht sein. Frau Hense, Sie kommen aus Kasachstan und sind im Alter von fünf Jahren nach Oldenburg gezogen. Ihre Eltern sind aufgrund der damaligen Wirtschaftskrise und den ausgebliebenen Lohnzahlungen ausgewandert. Nach dem Abitur und einem FSJ sind Sie in Vechta gestartet. Herr Sens, Sie sind in Husum geboren und in Karlsruhe aufgewachsen. Nach einer kaufmännischen Ausbildung, dem Fachabitur und einem FSJ sind auch Sie 2014 mit dem Studium in Vechta angefangen. Wann hat es zwischen Ihnen beiden gefunkt?

Sens: Das erste Mal bewusst wahrgenommen haben wir uns tatsächlich in der Erstiwoche, dort waren wir in der gleichen Gruppe.

Hense: Bei einem der vielzähligen Kennenlernspiele sind wir uns das erste Mal aufgefallen und haben das Kennenlernen beim Wort genommen (lacht). Ab dem zweiten Semester waren wir dann ein Paar, man soll ja schließlich nichts überstürzen.
 

Vor rund zwei Jahren sind Sie in Ihre erste gemeinsame Wohnung gezogen. Sie wohnen im Weserstadion in der Ostkurve. Kommen alle Pakete bei Ihnen an?

Hense: Das ist eine gute Frage. Wir haben schon kuriose Geschichten mit den Paketdiensten oder Lieferdiensten erlebt. Aber in der Regel klappt es ganz gut. Oft ist es für die Menschen einfach unbegreiflich, dass wir in einem Stadion leben. Wir fühlen uns in der Wohnung unheimlich wohl, es ist unser Zuhause geworden. Entgegen der Erwartungen ist die Wohnung sehr groß, hell und man blickt auf die Trainingsplätze aber auch zum Teil auf die Weser. Generell ist hier in der Umgebung sehr viel Natur, obwohl das Stadion relativ zentral liegt. Viele Menschen kommen zum Spazieren gehen oder Joggen hier her.

Sens: Besonders an der Wohnung ist, dass eine Tür im Vorratsraum direkt auf die Tribüne der Ostkurve führt. Ein Traum für Fußballfans.
 

 

Diese Fähigkeiten aus dem Studium sind Gold wert im Berufsleben:

Sens: Die Fähigkeit vor mehreren Personen zu sprechen beispielsweise. Das habe ich durch die Referate oder mündlichen Prüfungen gelernt. Zudem fallen mir noch die verschiedenen Arten der Gesprächsführung und das Verhaltensthema Nähe & Distanz ein, welche im Berufsleben schon hilfreich sind.

Hense: Im Studium haben wir uns intensiv mit dem doppelten Mandat der Sozialen Arbeit auseinandergesetzt, das ist in der täglichen Arbeit sehr präsent. Außerdem sind die Inhalte unserer Seminare zur Gesprächsführung in der Praxis wirklich hilfreich.


Wenn ich an mein Studium zurückdenke, denke ich gerne an:

Sens: Die Partys, die Freiheit, Flexibilität und Unbeschwertheit, an geschlossene Freundschaften und eine unglaublich schöne und spannende Zeit. Der Gewinn der Deutschen Fußball Hochschulmeisterschaft als absoluter „Underdog“ und kleinste Universität und der daraus resultierenden „Europameisterschaft“ im portugiesischen Coimbra bleibt natürlich in ganz besonderer Erinnerung. Ein unglaubliches Erlebnis für uns alle.

Hense: Ich denke an meine erste eigene Wohnung, die Freiheit und Flexibilität, die vielen Partys und an das Gefühl Recht im ersten Versuch bestanden zu haben.


Mit Vechta verbinde ich:

Sens: Stoppelmarkt, kurze Wege, Uni Partys, „familiäre“ Universität, Freundschaften, WG-Leben, lange Spaziergänge, ein Stück Heimat und Zuhause während der Zeit an der Uni, schöne Erinnerungen und witzige Anekdoten.

Hense: Den Stoppelmarkt, ein eher entspanntes Leben, die kurzen Wege, den Startschuss für mein aktuelles Leben und neue Freundschaften.

 

Auf dem Stoppelmarkt würde ich gerne mal ein Bier trinken mit:

Sens: Mit der Hochschulmeister Mannschaft und Oliver Krüssel. Bei dem bleibt es jedoch meist bei einem Bier, weil er danach einfach verschwindet.

Hense: Mit meinen Mitstudierenden in der Konstellation wie 2014 – 2018, dann gerne auch zwei oder drei Bier.

 

Aus meiner Studienzeit habe ich diesen Gegenstand aufgehoben:

Sens: Meinen grauen Uni Vechta Pullover, weil er mich an die Studienzeit erinnert und nach wie vor echt bequem ist und die Trikots der Hochschulmeisterschaft und der „Europameisterschaft“. Mein Trikot welches ich in Portugal getragen habe, hängt als besondere Erinnerung im Bilderrahmen an der Wand in unserer Wohnung.

Hense: Im ersten Semester habe ich mir bei Telepoint in Vechta eine Kaffeemaschine für 5 Euro gekauft. Sie läuft noch wie am ersten Tag und kommt zum Einsatz, wenn unser Vollautomat mal wieder versagt.

 

Mein Tipp für Studieninteressierte und Studierende ist:

Sens: Genießt diese besondere Zeit. Das Studium bietet so viele Möglichkeiten und Freiheiten, wie kaum eine andere Zeit im Leben. Nehmt alle Vorzüge des Studentenlebens mit, denkt jedoch daran, zum richtigen Zeitpunkt zu Lernen. Denn das hat sich als die große Kunst herausgestellt.

Hense: Genießt eure Freiheiten! Ich wollte es meiner Mutter damals nicht glauben, aber die Studienzeit ist eine besondere. Kostet sie in vollen Zügen aus! Und wenn man sich rechtzeitig auf die Prüfungen vorbereitet, dann erscheint der Berg an Inhalten plötzlich gar nicht so groß und man hat trotz Prüfungs-phase viel Zeit für andere Dinge, die einem wichtig sind.

 

Stand: Februar 2022