Vanessa Gattung (SPD) ist seit November 2021 Bürgermeisterin der Stadt Papenburg. An der Universität Vechta studierte die 32-Jährige Gerontologie. Während des Studiums arbeitete sie als Werkstudentin im Hessischen Sozialministerium im Referat für Familie und Senioren, absolvierte ein Auslandssemester in Ecuador und verdiente sich den Lebensunterhalt in der Kneipe Banane. Nach dem Masterabschluss im Jahr 2017 arbeitete Gattung als freiberufliche Dozentin in Bremen und Koordinatorin im Projekt „Interkulturelle Pflegelotsen“ beim Gesundheitsdienst des Landkreises und der Stadt Osnabrück. Im Oktober 2019 wechselte die gebürtige Papenburgerin an die Hochschule und Universität Osnabrück, um dort als Transfermanagerin für Gesundheit & Digitalisierung zu arbeiten. Nach einer Stichwahl im September 2021 wurde Gattung von den Papenburger Bürger*innen zum Stadtoberhaupt gewählt. Wir stellen Vanessa Gattung vor:
Was haben Sie gedacht, als Sie die ersten Hochrechnungen am Abend der Stichwahl gesehen haben?
So recht konnte ich es zunächst nicht glauben. Die Hochrechnungen, die am Ende auch schon fast das Endergebnis verrieten, übertrafen alle Erwartungen bei Weitem. Nach all der intensiven Arbeit während des Wahlkampfes war es aber vor allem unglaublich schön zu sehen, dass sich all das Engagement des vergangenen Jahres gelohnt hat – nicht nur für mich, sondern für das gesamte Team und die Unterstützerinnen und Unterstützer.
Meine Aufgaben als Bürgermeisterin sind:
Vor allem sehr vielfältig. Kein Tag, keine Woche gleicht der anderen.
Als Bürgermeisterin beschäftige ich mich im Prinzip mit allen Themen, die die Bürgerinnen und Bürger tagtäglich unmittelbar berühren. Von der Schaffung ausreichender Angebote von Kindergärten und Schulen, der Sicherstellung der allgemeinen Versorgung (Einkaufsmöglichkeiten, Freizeiangebote) über Baulandentwicklung, Stadtreinigung, Wirtschaftsförderung bis hin zur gesamten infraktrukturellen Planung von Straßen und Quartieren ist alles dabei. Als Verwaltungschefin bin ich neben den städtischen Themen natürlich auch noch für den internen Verwaltungsablablauf und somit auch für rund 350 Mitarbeitende verantwortlich.
Hinzu kommen oft noch repräsentative Termine, wie Grußworte auf Veranstaltungen sprechen, Spatenstiche begleiten u.v.m.
Welche Ziele haben Sie sich für Ihre Amtszeit gesetzt?
Mir ist es wichtig, unsere Stadt gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürger so zu gestalten, dass sich alle, unabhängig ihres Alters, ihrer Herkunft oder sozialen Schicht wohlfühlen. Aktuell leben vor allem die unterschiedlichen Generationen in unserer Stadt nebeneinander her und es mangelt häufig an Verständnis für die eine oder andere Gruppe. Durch den Ausbau der weichen Standortfaktoren möchte ich die Menschen wieder näher zusammenbringen und Brücken zwischen den Generationen bauen. Wir brauchen ein kinder- und familienfreundliches Papenburg, das gleichzeitig auch älteren Bürgerinnen und Bürger erlaubt, sich selbstbewusst einzubringen und sicher dort zu leben.
Jede Papenburgerin und jeder Papenburger kennt mindestens eine Person, die bei der Meyer Werft arbeitet. In der Region Papenburg hängen rund 14.000 Arbeitsplätze an der Meyer Werft. Als Papenburgerin kennen Sie die Werft von Kindesbeinen an - wie hat sich das Bild des Unternehmens in der Region aus Ihrer Sicht über die Jahre entwickelt?
Die Meyer Werft kann auf eine lange und stolze Unternehmensentwicklung zurückblicken. Schon immer bietete sie nicht nur viele Arbeitsplätze und somit die Existenzgrundlagen für tausende Menschen, sondern sie engagierte sich auch stets für eine positive Entwicklung unserer Region. Nach wie vor wissen die Menschen der Region die Werft mit all ihren Facetten sehr zu schätzen. Auch wenn der Druck auf die Werft vielleicht an manchen Stellen lauter oder auch stärker wurde, so hat sich das Bild des Unternehmens, welches aller Widrigkeiten zum Trotz (Corona, Fachkräftemangel, 40 km Überführung bis zur See usw.) sich immer weiterentwickelt hat und internationales Aushängeschild ist, nicht verändert.
Im Studium haben Sie sich bereits in der Hochschulpolitik engagiert. Während des Masters sind Sie 2015 in Papenburg in die SPD eingetreten. Was ist Ihre politische Motivation?
Während des Masterstudiums befasste ich mich viel mit gesellschaftlichen Ungleichheiten und ihren Zusammenhängen. Nach und nach wurde hierdurch auch mein politisches Interesse geweckt. Es machte mich wütend und traurig zu sehen, dass auch heute noch – auf so vielen Ebenen – Ungerechtigkeiten alltäglich sind. Ich wollte nicht länger nur zuschauen, sondern meinen Teil dazu beitragen, diese Ungleichheiten abzubauen.
Warum haben Sie sich für das Studium der Gerontologie entschieden?
Während meiner Schulzeit absolvierte ich ein sechsmonatiges Praktikum in einer Altenpflegeeinrichtung. Diese Zeit war herausfordernd und sehr wertvoll zugleich. Für mich war schnell klar, dass ich etwas tun möchte, das den Menschen etwas zurückgibt. Das Studium der Gerontologie war für mich ideal, da es durch die wissenschaftliche Sicht auf das Alter(n) möglich ist, gute Bedingungen für eine alternde Gesellschaft zu schaffen.
Welche Kompetenzen aus dem Studium kommen Ihnen für Ihr Amt zugute?
Vor allem die Fähigkeit, die Menschen mit all ihren Facetten und Lebensrealitäten verstehen zu können. Dank der Interdisziplinarität haben wir gelernt, Situationen aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Neben dieser Kompetenz sind es aber auch viele Studieninhalte, die mir jetzt im Alltag helfen, aktuelle und auch zukünftige Herausforderungen des gesellschaftlichen Zusammenlebens aktiv anzugehen. Im Hinblick auf die älteren/alternden Menschen ist es ein großer Vorteil zu wissen, was eine Stadt benötigt, um ein sicheres Umfeld für alle Generationen bieten zu können.
Wenn ich an mein Studium zurückdenke, denke ich gerne an:
Eine tolle Uni und ein Institut mit phantasischen Lehrenden. Zu jeder Zeit und in jeder Lage fand man Unterstützung und hat sowohl fachlich als auch persönlich sehr viel gelernt. Die Möglichkeit, während des Studiums ein Auslandssemester absolvieren zu können war besonders wertvoll, um neue Horizonte zu erkunden.
Mit Vechta verbinde ich:
Eine wundervolle Studienzeit mit vielen tollen Menschen.
Klar, Vechta ist wahrscheinlich nicht der erste Ort, der einem einfällt, wenn man nach der Schule zum Studium „in die Welt“ aufbrechen möchte. Aber: ich kann es nur empfehlen! Es fällt einem leicht anzukommen, sich zuhause zu fühlen.
Aus meiner Studienzeit habe ich diesen Gegenstand aufgehoben:
Mein T-Shirt aus der Banane. Um das Studium zu finanzieren habe auch ich seit der Schulzeit in der Gastronomie gearbeitet. Während des Masterstudiums wechselte ich in das Team der Kneipe „Banane“. Hier habe ich während meiner gesamten Zeit in Vechta wunderbare Menschen getroffen, mit ihnen gefeiert und zum Schluss tollen Gäste eine schöne Zeit bescheren dürfen. Eine Erinnerung, die ich – trotz oder vielleicht eher wegen vieler anstrengender Nächte – nicht missen möchte.
Mein Tipp für Studieninteressierte und Studierende, die gerne Bürgermeister*in werden wollen:
Ich denke, eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Politik oder auch als Bürgermeisterin ist es, offen auf die Menschen zugehen und ihnen vorurteilsfrei begegnen zu können. Es kommt nicht darauf an, alles zu wissen, sondern darauf, ehrlich zu sein und mit den Menschen auf Augenhöhe zu kommunizieren. Mit echtem Interesse und der Aktzeptanz verschiederner Lebensrealitäten
Stand: Juli 2022