Rike Tempel hat an der Universität Vechta den Bachelor Management Sozialer Dienstleistungen absolviert. Auf Umwegen hat die 26-Jährige ihre Leidenschaft für wirtschaftswissenschaftliche Themen entdeckt. Wir stellen Rike Tempel vor:
Welche Umwege in der Studienfindung haben Sie erlebt?
Nach meinem Abitur im Jahr 2013, war ich etwas orientierungslos. Ich habe mich erstmal für Fächer eingeschrieben, die ich aus der Schule herauskannte und die mich interessierten. So entstand dann die BASC-Kombination aus Biologie und Politik. Im Laufe der ersten zwei Semester stellte sich jedoch immer mehr heraus, dass sich der BASC stärker als zuvor gedacht auf das Lehramtsstudium fokussiert, was für mich auf gar keinen Fall in Frage kam. Die nicht bestandene Prüfung in Biologie tat dann ihr übriges und ich entschied mich dieses Studium an den Nagel zu hängen.
Im Sommer schrieb ich mich dann kurzerhand für den BA Management Sozialer Dienstleistungen ein, um in der Übergangszeit ein paar wirtschaftswissenschaftliche Module zu machen – schadet ja nie, war der Gedanke dahinter. Letztendlich war dieser Studiengang genau das, wonach ich gesucht hatte, ohne es vorher zu wissen. Im Sommer 2017 habe ich diesen an der Universität Vechta abgeschlossen.
Mein Einstieg in das Berufsleben war:
Tatsächlich hat mir das Praktikum während des Studiums im Klinikum Wilhelmshaven im Qualitätsmanagement den Einstieg sehr erleichtert. Zu diesem Zeitpunkt hätte ich nie gedacht, dass ein Praktikum mir den Weg ebnen würde. Im Anschluss des Praktikums habe ich als Werkstudentin im Klinikum Wilhelmshaven arbeiten können. Ich habe meine Module dann immer so gelegt, dass ich freitags keine Vorlesungen oder Seminare hatte und bin dann in die Heimat gefahren.
Nach Beendigung des Studiums sind eine Freundin aus dem Studium und ich für einige Monate durch Süd-Ost-Asien gereist, bevor ich dann im Mai 2018 als Management-Trainee im Klinikum Wilhelmshaven angestellt wurde. Den Arbeitsschwerpunkt des Trainees durfte ich mitbestimmen, weswegen ich den Großteil der Zeit im kaufmännischen Controlling und in der Finanzbuchhaltung verbracht habe.
Ich arbeite jetzt:
Mittlerweile arbeite ich seit Mai 2019 als Controllerin im Klinikum Bremerhaven-Reinkenheide. Es ist ein Klinikum der regionalen Maximalversorgung und sichert die Gesundheitsversorgung für die Stadt und die Unterweserregion. Das Klinikum ist ein modernes Akutkrankenhaus mit 723 Planbetten, ca. 1.900 Mitarbeitern, 14 Kliniken, 2 Instituten und einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ).
Meine Aufgaben dort sind:
Der Schwerpunkt meiner Arbeit liegt in der Kostenrechnung und im Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ). Ich erstelle monatlich und quartalsweise Berichte, um die Wirtschaftlichkeit des Klinikums und des MVZs adäquat darzustellen. Zum Ende eines jeden Jahres arbeite ich an der Erstellung des Wirtschaftsplans für das Folgejahr mit. Aus dem Wirtschaftsplan ergeben sich auch die Sachkostenbudgets der einzelnen Verantwortungsbereiche (z.B. Technik, Einkauf, Wirtschaft und Versorgung, etc.). Monatlich behalte ich die Sachkosten im Rahmen eines Sachkostenberichtswesens in Form einer kostenartenbezogenen Aufstellung der Istkosten im Vergleich zu den Plankosten im Auge, um rechtzeitig bei einem Entgleiten der Kosten eingreifen zu können.
Zum Quartalsende erstelle ich die Quartalsabschlüsse für das gesamte Klinikum und das MVZ. Dieser wird als kostenartenbezogene Hochrechnung dargestellt und ebenfalls mit den Plankosten verglichen. Aus diesem Vergleich können frühzeitig Abweichungen erkannt und Maßnahmen zur Gegensteuerung ergriffen werden. Diese Abweichungen werden in einer Kommentierung für die Geschäftsführung und den Aufsichtsrat erläutert.
Um auch auf Fachabteilungsebene die Wirtschaftlichkeit adäquat darzustellen, erstelle ich quartalweise eine fachabteilungsbezogene Deckungsbeitragsrechnung bis DB II auf Basis des kumulierten IST-Betrachtungszeitraums und der Jahreshochrechnung mit Abgleich zum Wirtschaftsplan. Hieraus können dann Handlungsempfehlungen für die einzelnen Fachabteilungen abgeleitet werden.
Außerdem gehört das Erstellen von Ad-hoc-Analysen, Statistiken und Business Cases für unterschiedliche Empfänger zu meinem Job. Diese dienen häufig als Entscheidungsgrundlagen für die Geschäftsführung.
Um bestimmte Abweichungen erklären zu können, reicht es natürlich nicht aus nur den Bereich der Kosten zu betrachten. Ich muss auch feststellen können, ob es Veränderungen im Bereich der Erlöse sowie Personalkosten gibt. Hier ist eine enge Zusammenarbeit und ein regelmäßiger Austausch mit meinen Kolleg*innen aus dem Leistungs- und Erlöscontrolling und Personalcontrolling unverzichtbar.
Das Thema Datenlieferung an die verschiedensten Institutionen nimmt immer mehr Arbeit in Anspruch. In diesem Rahmen erstelle ich die Kostendaten gem. Krankenhausstatistik-Verordnung (KHStatV) und die Kosten für den Medizinischen Sachbedarf an CLINOTEL.
Häufig werden die Kostenrechnung sowie der Job des Controllers als „trocken“ dargestellt. Es gibt bestimmt auch mal den ein oder anderen Tag der aus solchen Aufgaben besteht, aber der interessante Teil, nämlich die Auswertung, Interpretation und teilweise Diskussion der gegenübergestellten Daten überwiegt und hält immer neue Überraschungen bereit. 😉
Vor welche Herausforderungen stellt Sie die Corona-Pandemie?
In der Pandemie war und ist es schwierig, eine verlässliche Wirtschaftsplanung zu erstellen. Es fängt damit an, dass niemand sagen kann, wie lange diese Pandemie noch geht. Dies bedeutet für das Klinikum z.B., dass nicht abschätzbar ist wie lange die Kosten für persönliche Schutzausrüstung (PSA) so hoch bleiben oder aber wann sich die Leistungen wieder auf ein normales Niveau einpendeln werden. Vor allem die Fachbereiche, die ihre Patienten elektiv einbestellen und kaum Notfallpatienten behandeln sind von einem Leistungsrückgang betroffen.
Daraus ergibt sich auch eine erschwerte Hochrechnung für die Quartalsabschlüsse. Einige Kosten und Erlöse, die sonst immer auf einem stabilen Niveau waren, weisen Abweichungen auf. Darunter fallen z.B. geringere Erlöse aus der Parkplatzbewirtschaftung und im Bistro durch weniger Besucher sowie geringere Reisekosten durch den Wegfall von Dienstreisen.
Außerdem mussten verschiedenste Daten teilweise wöchentlich geliefert werden, um Ausgleichzahlungen und Corona-Prämien zu erhalten. So spannend diese Herausforderung auch ist, bin ich froh, wenn sie vorüber ist!
Wenn ich an mein Studium zurückdenke, denke ich gerne an:
Vor allem an die Freundschaften die ich dort gewonnen habe. Bei unseren regelmäßigen gemeinsamen Treffen denken wir heute noch häufig an die WG-Partys zurück, bei denen nur reinkam, wer Toilettenpapier als Zahlungsmittel dabei hatte ;-) Aber auch an so manche Vorlesungen, die durch ihre geringe Anzahl der Kommiliton*innen und Nähe zu den Dozent*innen immer einen familiären Charakter hatten.
Mit Vechta verbinde ich:
Eine unbeschwerte Zeit umgeben von vielen großartigen Freund*innen. Die Mittagspausen in der Mensa, das Kaffeetrinken und Lernen im Bistro oder in der Caféte sowie der abendliche Hochschulsport. Die kurzen Wege und die fantastischen Partys im Bermuda-Dreieck oder der WuBa.
Mein Tipp für Studieninteressierte und Studierende ist:
Trotz der kleinen Größe hat die Universität Vechta einiges zu bieten, man muss die Vorteile nur zu schätzen wissen und nutzen!
Stand: November 2021